Am 12. November 1955 wurde die Bundeswehr offiziell gegründet, als die ersten Soldaten ihre Ernennungsurkunden erhielten. Dieser Tag markiert nicht nur die Entstehung der westdeutschen Streitkräfte, sondern auch einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der Nachkriegszeit. Die Gründung fiel auf den 200. Geburtstag des preußischen Heeresreformers General von Scharnhorst, der als Vorreiter der allgemeinen Wehrpflicht gilt und dessen Prinzipien von der Bundeswehr übernommen wurden. Dieser symbolische Bezug unterstrich das Engagement für eine demokratische und vertrauensvolle Militärorganisation.
Die Umstände der Gründung waren jedoch von politischen und gesellschaftlichen Spannungen begleitet. Zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, der durch unvorstellbare Gräuel geprägt war, war die Wiederbewaffnung Westdeutschlands politisch umstritten. Dennoch führte die wachsende Bedrohung durch den Warschauer Pakt und der Ausbruch des Korea-Kriegs 1950 zu einer verstärkten militärischen Zusammenarbeit zwischen den westlichen Alliierten. Im Jahr 1955 trat die Bundesrepublik Deutschland der NATO bei, was den Weg für die Gründung der Bundeswehr ebnete. Der Bedarf an einer gut ausgerüsteten Armee, die im Falle eines Konflikts schnell mobilisiert werden konnte, wurde in der Himmeroder Denkschrift formuliert und bis Ende der 1960er Jahre durch die Einführung der Wehrpflicht umgesetzt.
Die Rolle der Bundeswehr hat sich im Laufe der Jahrzehnten immer wieder verändert. Anfangs lag der Fokus auf der Landesverteidigung im Rahmen der NATO, doch schon bald verlagerte sich das Augenmerk auf internationale Friedensmissionen. Die Einsätze auf dem Balkan, in Afghanistan und Mali spiegeln den Wandel der sicherheitspolitischen Anforderungen wider.
Mit dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts im Jahr 2022 und der anschließenden russischen Aggression gegen die Ukraine wurde jedoch erneut die Bedeutung der territorialen Verteidigung in Europa betont. Die NATO-Verteidigungsallianz verstärkte ihre Zusammenarbeit, und die Bundeswehr nahm eine entscheidende Rolle ein, indem sie ihre Einsatzbereitschaft bei internationalen Manövern unter Beweis stellte. Im Jahr 2024 nahm die Bundeswehr an Großmanövern wie Steadfast Defender und der Übungsreihe Quadriga teil, die die Bündnisverpflichtungen und die Verteidigungsbereitschaft der Mitgliedstaaten unterstrichen.
Ein markantes Zeichen der „Zeitenwende“ der deutschen Außenpolitik war die Stationierung einer Bundeswehrbrigade in Litauen. Als Leuchtturmprojekt der NATO-Verteidigung, symbolisiert diese Stationierung die verstärkte Verantwortung Deutschlands in der Verteidigung des europäischen Territoriums. Im Frühjahr 2025 wird die Brigade offiziell in Dienst gestellt und soll bis Ende 2027 voll einsatzbereit sein.
Der Gründungstag der Bundeswehr wird mittlerweile regelmäßig gefeiert und stellt eine Erinnerung an die Bedeutung der Streitkräfte sowie an die Verantwortung Deutschlands innerhalb der NATO dar. Die Bundeswehr hat sich in ihrer Geschichte immer wieder neu ausgerichtet und beweist auch heute ihre Bedeutung in einer sich wandelnden Weltlage.